Eine neue repressive Operation namens „Sibilla“ zielt erneut auf Anarchist:innen in Italien
In den frühen Morgenstunden des 11. November gab es zahlreiche Hausdurchsuchungen in Cagliari, Cosenza, Cremona, Gênes, Lecce, Massa, Perugia, Rome, Taranto, Spoleto et Viterbo, wonach sechs Compas juristische Auflagen bekamen. Alfredo Cospito, der bereits in Terni in Haft sitzt, wurde in Untersuchungshaft verbracht (sic!). Michele, ein Genosse aus Spoleto, steht mit elektronischer Fußfessel unter Hausarrest. Vier weitere GefährtInnen stehen unter juristischer Kontrolle (Verbot die Gemeinde zu verlassen in der sie gemeldet sind, dreifaches vorstellen beim Kommissariat pro Woche).
Die Compas werden beschuldigt eine kriminelle Vereinigung nach §270bis (Vereinigung mit terroristischer Zielsetzung und Subversion der demokratischen Ordnung) gegründet zu haben. Hintergrund ist die Konzeption, der Druck und die Verteilung der anarchistischen Zeitung Vetriolo, Sprühereien von Inhalten der beleidigend und aufwieglerisch sein soll, sowie Beschädigung fremder Güter in einem Fall. Zudem werden sie mit §414 angeklagt (Anstiftung zu Straftaten); wegen der Redaktion und der Verteilung von Schriftstücken, deren inhalt zu Straftaten terroristischer und umstürzlerischer Art, die sich gegen Persönlichkeiten des Staates richten, anstiftet.
Zudem richtete sich der Angriff gegen zwei Informationsportale: roundrobin.info et malacoda.noblogs.org, die als erschwerender Umstand bezüglich des Aufrufes zu Straftaten (mit Mitteln der Informatik) hinzukommen. .
Von Bure aus wollen wir den Beschuldigten der „Operation Sibilla“ all unsere Solidarität und Unterstützung ausdrücken – wie auch gegenüber den Beschuldigten der anderen repressiven Operationen in Italien: Lince, Scintilla, Renata, Prometeo, Scripta Manent.
Diese Schläge erinnern uns an vergleichbare Angriffe auf das anarchistische Milieu in Frankreich in den vergangenen Jahren. Im Juni fand der Prozess wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung in Bure statt. Auch hier gab es harte Auflagen wie Kontaktverbote unter den Angeklagten, Verbote die Gemeinden um Bure aufzusuchen, Verbote das staatliche Territorium zu verlassen, Gebote Vorstellig zu werden usw. In einem Klima von Überwachung und Repression scheint der Staat gewillt zu sein den Widerstand gegen das Projekt der Tiefenendlagerung radioaktiver Abfälle in Bure zu vernichten.
Im März 2020 fand auf dem alten Bahnhofsgelände von Luméville nahe Bure eine Anti-Knast-Woche statt, mit der Motivation internationale Vernetzung voran zu treiben. Während der Woche gab es zahlreiche Diskussionen zu den Repressiven Operationen, Grenzen und Knästen, Flucht, das Untertauchen und weitere Reflektion zum Strafsystem. ReferntInnen aus unterschiedlichen Ländern konnten mithilfe eines Übersetzungssystems die verschiedenen Vorträge mehrsprachig durchführen. Es gab zudem Workshops zum Gefangenenschreiben, um die Isolation zu durchbrechen.
Im Vorfeld wurden des weiteren Gefangene einzeln kontaktiert, um sich schriftlich an der Antiknastwoche beteiligen zu können. Unter den Beiträgen befand sich auch einer von Alfredo Cospito. Der Brief handelte von Strategien der anti-autoritären Anti-Atomindustrie-Bewegung. Er schrieb unter anderem dass „wenn eineR von uns sich hinter Gittern“ befindet, die beste Art und Weise Widerstand zu leisten ist, die Kämpfe fortzuführen, für die jemand „angekettet“ ist“.
Im Rahmen der Operation Sibilla wird mit dem §414 aufgrund diesen Briefes, wegen eines weiteren Schreibens, das er im Juni 2019 ein Antiknast-Treffen adressierte, und für die Verfassung des Gesprächbandes „Welche internationale?“ angeklagt. Der Staat will die Compas hinter Gittern daran hindern ihre Überzeugungen zu vermitteln und dadurch am Widerstand teilzunehmen. Er verstärkt immer mehr die Isolierung der Gefangenen.
Von Bure aus wollen wir die Wichtigkeit internationaler Solidarität gegen die Repression welche unsere GefährtInnen trifft unterstreichen. Teilen wir unsere Überlegungen gegen jegliche Autorität. Lasst uns dies auf einer internationalen Ebene tun. Teilen wir die Reflektionen der Gefangenen. Der Widerstand endet nicht vor den Gittern: Treten wir der Repression entgegen.
Solidarität mit der Zeitung Vetriolo und den Portalen RoundRobin und Malacoda, die der Staat zensieren möchte. Solidarität mit Indymedia und anderen Seiten die trotz der Repression und Durchsuchungen weiterhin Gegeninformation veröffentlichen. Solidarität mit den Beschuldigten der Operationen Sibilla, Renata, Prometo, Scintilla, Lince und Scripta Manent. Unterstützung für ihr Umfeld. Für eine internationale Solidarität die der Repression entgegentritt und unsere Kämpfe stärkt!
Einige Compas aus Bure
[Übersetzung: Kontrapolis]